In einer nächtlichen Aktion haben unbekannte Antifaschist:innen in der Nähe des Welzheimer Henkersteinbruchs, der Hinrichtungsstätte des ehemaligen KZ, ein Gedenkschild an der benachbarten Straße installiert.

Dieses wurde jedoch bereits nach kurzer Zeit in Zusammenarbeit des Landratsamts, des Regierungspräsidiums und der Stadt entfernt. Als Begründung diente der Stadt eine vermeintliche Gefährdung der Verkehrssicherheit, durch Abbremsen und daraus folgenden Unfällen. Um dies zu verhindern, hätte das Schild in einer Entfernung von mindestens 20 Metern Entfernung von der Straße angebracht werden müssen, also mitten im Wald. Das hierbei das Risiko einer unnötigen Beschädigung von Flora und Fauna um vieles höher ist, ist neben dem dadurch verunmöglichten, doch beabsichtigten Aufmerksamkeitseffekt nur naheliegend. Ganz abgesehen davon, dass Hinweisschilder, die meist auf historische Besonderheiten eines Wohnortes hinweisen wie „Historische Altstadt Esslingen“, „Schillerstadt Marbach“ oder wahlweise „Fachwerkstadt Waiblingen/Backnang/Schorndorf“ natürlich unmittelbar neben einer Straße angebracht werden.

Wir sind der Ansicht, dass straßenbaurechtliche Überlegungen den Kern der Angelegenheit nicht treffen: Es geht um antifaschistische Erinnerungskultur. Das Schild an der Welzheimer Landstraße war durch seine Erwähnung auf der 9. November-Kundgebung und anschließende Presseberichte ein zusätzliches Licht auf die Gedenkstätte Henkerssteinbruch. Wie allen Erinnerungsorten in Welzheim, ging ihrer Errichtung eine jahrzehntelange Auseinandersetzung von welzheimerischen bzw. antifaschistischen Organisationen voraus, die sich mit der Friedhofs- und Henkerssteinbruchgestaltung Mitte vergangenen Jahrzehnts spürbar Bahn brachen.

So sehr wir die Entwicklungen dorthin begrüßen, machen wir uns dennoch keine Illusion über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen wir bspw. zum 9. November arbeiten: Orientierung und Kooperation beinahe aller rechten Kräfte auf und mit ihre(r) parlamentarischen Vertretung AfD, Enttarnung faschistischer Terrorzellen und Terroristen beinahe im Wochentakt, Verbreitung extrem rechter Argumentationsstrukturen und Handlungsansätzen in Staat und Gesellschaft vor dem Hintergrund eines von Krise zu Krise taumelnden Wirtschaftssystem Kapitalismus. Eine organisierte oder gelebte antifaschistische Praxis, geschweige denn eine Erinnerungskultur, zehrt längst nicht von solch tiefen gesellschaftlichen Wurzeln, um sie muss kontinuierlich, beharrlich und sicher auch forsch gerungen werden. Gesetzt diesen Fall, wird ein solches Schild nicht mehr mit kurzem Prozess entfernt, sondern seine Aufstellung würde als positiver Impuls aufgefasst werden. Zum Beispiel, in dem man das Schild gut sichtbar an einer anderen Stelle einbaut und Parkplätze für den Besuch der Gedenkstätte schafft.

Das Aufstellen des Schilds durch antifaschistische Aktivist:innen und sein Entfernen durch die Stadt haben uns als OAT in jedem Fall angeregt, die Sichtbarkeit antifaschistischer Erinnerungskultur in der Öffentlichkeit stärker in unseren Fokus zu nehmen. Auf dieser Grundlage sind wir gerne bereit, mit anderen Antifaschist:innen aus Welzheim und dem Rems-Murr-Kreis in Diskussion zu treten und gemeinsam zu handeln!

Für eine antifaschistische Gedenkkultur – Erinnern heißt kämpfen!