Gestern beteiligten wir uns mit den Genossinnen und Genossen des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart an der Kundgebung des Ludwigsburg gegen Rechts Bündnis. Anlass war der Angriff zweier Rassisten auf einen jungen Schwarzen Mann in Eglosheim. Mit einer Schleuder beschossen sie den Jugendlichen mit Stahlkugeln, einer von ihnen trug dabei ein Donald Trump T-Shirt. Der Betroffene wurde zum Glück nicht schwer verletzt, doch jeder rassistische Angriff ist einer zuviel.

Innerhalb eines Tages gelang es dem Bündnis Ludwigsburg gegen Rechts etwa 200 Menschen zum Ludwigsburger Bahnhof zu mobilisieren. In Anbetracht der kurzen Zeit und des eher unattraktiven Termins an einem Feiertag eine ordentliche Anzahl. Allerdings viel zu wenig für einen derartigen, rassistischen Angriff. Wir waren mit Transparenten, Schildern und einer Rede auf der Kundgebung vertreten.

Im Rahmen der Vorbereitung gelang es, ein breites Spektrum an Rednerinnen und Redner für die Kundgebung zu gewinnen. Die Reden eines Organisators des Silent Protests Stuttgart, der noch jungen Migrantifa Stuttgart und einer kurdischen Genossin aus Ludwigsburg bereicherten die Kundgebung ungemein. Die Freundinnen und Freunde beließen es nicht bei Betroffenheitsberichten, sondern ordneten die Unterdrückung und Diskriminierung Nicht-Weißer Menschen in den gesellschaftlichen Kontext ein. Die Zusammenarbeit organisierter Antifas und der erstarkenden antirassistischen Bewegung ist eine logische und natürliche Weiterführung der Arbeit der vergangenen Jahre. Daran gilt es in Zukunft anzuknüpfen. Auch die zahlreich vertretenen Genossinen und Genossen türkischer kommunistischer Bewegungen bewiesen, dass die migrantische Linke in Ludwigsburg Rassismus und Nazi-Angriffe nicht unwidersprochen lässt. Auch die starke Beteiligung von Betriebsräten und GewerkschafterInnen aller Nationalitäten zeigen das Potential antifaschistischer und antirassistischer Aktionen im Kreis Ludwigsburg.

In unserer eigenen Rede, die ihr unten angehängt findet, gingen wir darauf ein das Rassismus weder ein neues Phänomen, noch Zufall ist. Rassismus ist und bleibt ein Spaltungsinstrument der Herrschenden, dass den gemeinsamen Kampf der ArbeiterInnenklasse verhindern soll. Der Rassismus nach Innen wird komplementiert von einer chauvinistischen Handel- und Kriegspolitik nach außen. Im Klartext heißt das: Das deutsche Kapital zerstört die ausgebeuten Länder, zwingt durch Hunger und Bomben Millionen in die Flucht und nutzt dann eben jene Geflüchteten als Sündenböcke, um von der eigenen arbeiterInnenfeindlichen Politik abzulenken. Von dieser kranken Ideologie fühlen sich dann Rassisten wie die Trump-Fans in Eglosheim, darin bestärkt, Jagd auf Migrantinnen und Migranten zu machen. Diese Nazis und Rassisten sind, ob bewusst oder unbewusst, die treuesten Knechte des kapitalistischen Systems.

Desweiteren gingen wir auf die größte Gefahr für nicht-weiße Menschen in Deutschland ein: Die AfD. Gerade in Zeiten der kommenden Wirtschaftskrise halten wir es für sinnvoll und notwendig, solche Tatsachen klar zu bennen und unseren Kampf gegen Nazis und Rassisten mit der Perspektive jenseits von Ausbeutung und Unterdrückuing zu verbinden.

Nach unserer Rede formierte sich ein Spontandemonstration, die unsere Wut über den feigen rassistischen Angriff auf die Straßen Ludwigsburgs trug. Mit zwei unserer Transparente an der Demospitze nahmen wir uns die Straßen der Innenstadt in voller Breite und ermöglichten so vielen, auch bisher wenig erfahrenen Menschen, vorne in der Sponti mitzulaufen. Die Bullen versuchten zu Beginn die Demo halbherzig aufzuhalten, was jedoch vollständig scheiterte. Auch im weiteren Verlauf agierten die Bullen unklug und nervös. Mehrere Male gelang es durch eine geschickte Wahl der Route die Cops wortwörtlich ins leere Laufen zu lassen, was zu ein paar unfreiwilligen Sprints ihrerseits führte. Während der Demo wurden von uns vorbereitete Schilder mit Botschaften wie “Ganz Ludwigsbug hasst die AfD”, “Black Lives Matter” oder “Polizei = Rassist und Mörder” von vielen Teilnehmden am Rand der Route befestigt. Mit den Schildern, Durchsagen und der flexiblen Route gelang es uns auch an einem Feiertag verhältnissmäßig viele LudwigsburgerInnen und Ludwigsburger zu erreichen. Zum Abschluss der Aktion knieten sich alle Protestierenden direkt vor dem Bahnhofsgebäuden hin und hielten in Gedenken an alle Opfer rassistischer Gewalt eine Schweigenminute. Die Stille auf dem Bahnhofsplatz wurde dann von lauten “No Justice, no Peace” Rufen durchbrochen.

Gegen Nazis und Rassisten – Fight white power, fight the system!

200 Menschen auf der Straße nach einer rassistischen Gewalttat dieser Qualität sind für eine Stadt wie Ludwigsburg definitiv zu wenig, daran besteht kein Zweifel. Trotzdem blicken wir positiv auf die Kundgebung zurück: Unsere Zusammenarbeit mit den lokalen migrantischen Strukturen und dem Silent Protest Orgateam sind für uns der Weg, die antirassistische Linke aufzubauen. Nicht durch elitäre Sprachhygiene, Soziologie-Seminare und Kümmerer-Gehabe, sondern durch gemeinsame Straßenpraxis und Diskussionen auf Augenhöhe werden wir zusammen bringen, was zusammen gehört: Den Kampf gegen Rassismus, den Kampf gegen rechte Akteure und die Perspektive einer Gesellschaft jenseits vom Kapitalismus in der Rassismus keine Grundlage hat!

Antifa heißt Black Lives Matter!

Den Bericht der GenossInnen von Avrupa Haber auf türkisch findet ihr hier.

 


Rede des Offenen Antifaschistischen treffen Rems/Murr und dem
Antifaschistischem Aktionsbündniss Stuttgart und Region:

Liebe Ludwigsburgerinnen und Ludwigsburger, liebe Antifaschistinnen und
Antifaschisten, liebe Freundinnen und Freunde,

wenn man darüber nachdenkt wie in den USA George Floyd von Polizisten
ermordet wurde, in Deutschland antirassistische Proteste brutal von den
Bullen angegriffen werden oder Nazis in Egolsheim letzten Montag einen
jugendlichen wegen seiner Hautfarbe mit Stahlkugeln angreifen fragt man
sich– was ist hier eigentlich los? Was läuft eigentlich falsch in
unserer Gesellschaft?

Rassismus und Nazis sind kein neues Phänomen.1992 brannten Wohnungen
vietnameischer Migranten in Rostock Lichtenhagen, 1993 kamen fünf
türkischstämmige Frauen und Mädchen in Solingen bei einem rechten
Brandanschlag ums Leben, 2005 wurde Oury Jalloh von Polizisten in einer
Zelle in Dessau ermordert. Bis 2011 zog der Nationalsozialistische
Untergrund – unter den Augen und Wahrscheinlich mit Hilfe des
Verfassungsschutzes- mordend durchs Land. Seit 2015 gab es tausende
Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte.

Doch in den letzten Jahren ist spürbar, dass sich die Situation weiter
zuspitzt: Rassisten marschieren massenhaft auf den Straßen auf,
organisieren Hetzjagden wie beispielsweise 2018 in Chemnitz. In den
Medien und Talkshows wird wieder offener gegen „die Ausländer“ gehetzt.
Naziterrorzellen bereiten sich auf einen Bürgerkrieg vor. Das alles ist
der gesellschaftliche Rechtsruck. Der Rechtsruck hat eine Partei
hervorgebracht, die sich im Angesicht der Morde an Nicht-Weißen-Menschen
allen Ernstes traut „All lives Matter“-Bilder zu verbreiten. Die AfD ist
die größte Gefahr für alle Menschen, die nicht nach dem oder der
Durchschnittsdeutschen aussehen. Sie bereitet feige Gewalttaten wie die
letzten Montag in Egolsheim ideologisch vor, sie will den Rassisten in
Uniform noch mehr Befugnisse geben.

Jeder und jede von uns merkt, dass sich die gesellschaftlichen
Widersprüche verschärfen: Viele waren schon vor Corona in Kurzarbeit, in
der Zeitungen liest man jeden Tag von Werksschließungen und die
Regierung verteilt Milliardengeschenke an die Reichen. Die Zeichen
stehen auf Krise. Und das Wissen auch die Rechten.

In solchen Zeiten bieten die Rechten zunächst einfache Antworten, indem
sie die Schuld Sündenböcken zuschieben und nicht dahin, wo sie hingehört
– auf die Politik und das gesellschaftliche System, den Kapitalismus, in
dem wir leben.

Die AfD ist sehr gut darin, denen die Schuld zu geben, die am wenigsten
von uns allen haben – Migrantinnen und Migranten – die ihre Heimat
aufgrund von imperialistischen Kriegen und Hunger verlassen mussten und
hier aufgrund von ständigen Asylrechtsverschärfungen kaum die
Gelegenheit bekommen, sich ein gutes Leben aufzubauen.

Doch für wen steht die AfD eigentlich ein? Garantiert nicht für den
„kleinen Mann“ und sie wird auch nicht nur von ihm gewählt – vielmehr
spiegelt sie eine kleine Elite wieder und will auch genau diese weiter
erhalten, beziehungsweise dafür sorgen, dass diejenigen, die ohnehin
schon reich sind, noch reicher werden.

Doch steht die AfD mit dieser Herangehensweise nicht allein da,
insbesondere die CDU steht der AfD in kaum etwas nach, wenn es darum
geht rassistische Äußerungen von sich zu geben. Beide in Kombination
ebnen Nazis, die auf Menschenjagd gehen, jüdische Restaurants oder
Geflüchtetenunterkünfte angreifen, den Weg. Sie sind diejenigen, die
ihre Tatmotive wieder salonfähig gemacht haben und im Nachgang so tun,
als wären solche Handlungen „normale Reaktionen von Bürgern und
Bürgerinnen, die eben unzufrieden sind“.

Das – ist nicht normal und wir alle hier, so wie wir hier stehen, sind
dafür verantwortlich, dass dies auch nicht zur Normalität wird!

Die Ereignisse der letzten Wochen, sowohl hier als auch in den USA haben
gezeigt, wie mächtig wir sind wenn wir uns zusammenschließen und für
unsere Rechte kämpfen. Und auch der Gefahr von Rechts, sei es in Form
von Nazi-Angriffen oder der AfD, müssen wir gemeinsam und entschlossen
begegnen! Denn wir können alle dazu beitragen, dem Rechtsruck etwas
entgegen zusetzen. Sei es durch Kundgebungen wie diese, durch die wir
zeigen, dass die Opfer rechter Gewalt nicht alleine sind. Sei es
dadurch, dass wir unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Freundinnen
und Freunde und unsere Familie über die rassistische Hetze von AfD,
Nazis und Co. aufklären. Sei es dadurch, dass wir widersprechen, wenn
jemand etwas Diskriminierendes sagt oder dadurch, dass wir einschreiten
wenn wir rassistische Polizeikontrollen beobachten.

Gemeinsam wollen wir für eine Welt einstehen, in der nicht darüber
diskutiert werden muss, wie man rassistischen Angriffen entgegenstehen
kann, weil sie nicht mehr auftreten können!
Für eine Welt, in der wir nicht mehr darüber diskutieren müssen, wie
Bildungsungleichheit aufgrund eines unterschiedlichen sozialen Status
ausgeglichen werden kann, weil alle den gleichen sozialen Status haben!
Für eine Welt, in der Elite nichts Besonderes mehr ist, weil wir alle
gleichermaßen zum Zuge kommen!
Für eine Welt in der Hautfarbe keine Rolle mehr spielt, weil Rassismus
und Hetze keine gesellschaftliche Grundlage mehr haben!

Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich gegen Rechts zu engagieren! Werdet
kreativ, lasst euch etwas einfallen, kommt zu uns und informiert euch!
Gemeinsam können wir für eine Welt jenseits von Rassismus einstehen!