Gestern gedachten wir gemeinsam mit Welzheimer:innen, Antifaschist:innen und Gewerkschafter:innen den Opfern der Reichspogromnacht vor 86 Jahren.
Für das Gedenken waren wir in den Tagen und Wochen zuvor in Welzheim präsent, verteilten Flugblätter und hängten Plakate und Transparente auf. Auch der lokale Faschist Tim Franz von der Identitären Bewegung, der mit einigen Kumpanen unsere Plakate zerstörte, konnte uns weder einschüchtern noch dafür sorgen, dass der Tag kein voller Erfolg war. Als Antwort auf seine Aktion organisierten wir zwei Tage später einen groß angelegten antifaschistischen Stadtspaziergang in Welzheim und stellten somit sicher, dass unsere Mobilisierung mehr als präsent im Stadtbild sein konnte.
Die Kundgebung selbst wurde von ca. 100 Menschen begleitet. Gemeinsam haben wir den Opfern des Faschismus gedacht, das Lied der Moorsoldaten gesungen und zwei interessante Redebeiträge gehört. Der erste Redebeitrag wurde von einem Vertreter der Vereinigten und Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) – vorgetragen. Der Redner erläuterte die Geschichte des Konzentrationslagers Welzheim. Dutzende wurden hier von der Gestapo gefoltert und ermordet, so auch Angehörige der Familie Schlotterbeck, welche als kommunistische Widerstandskämpfer:innen mutig gegen das Naziregime vorgingen. Nach jahrelangen Ringen war es der VVN-BdA gelungen, den Platz vor dem KZ in „Hermann-Schlotterbeck-Platz“ umbenennen zu lassen. Wir sind dankbar für die unermüdliche Arbeit der Antifaschist:innen und freuen uns, unsere Kundgebung jedes Jahr aufs Neue auf einem Platz veranstalten zu können, der nach einem mutigen Kommunisten benannt wurde.
Der zweite Redebeitrag, gehalten von einer Antifaschistin des OAT, konzentrierte sich darauf, Bezüge der Reichspogromnacht zum heutigen Geschehen herzustellen. Sie sprach davon, dass „Nie wieder“ bedeutet, die Rechtsentwicklung insgesamt zu betrachten und zu bekämpfen. Das bedeutet nicht nur, eine weitere Normalisierung und einen weiteren Aufstieg der AfD praktisch zu verhindern – durch Blockaden, Bündnisaktionen und Aufklärung – sondern auch jegliche rechtsautoritäre Verschärfung, die bereits in Teilen von der Ampelregierung begangen wird, anzugehen. Dazu gehört für uns Antifaschist:innen auch, die ökonomische Ausgangslage zu benennen, aus der heraus Faschist:innen überhaupt erstarken können: den Kapitalismus. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, auch von echten Alternativen jenseits des Systems der Ausbeutung zu sprechen und für Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Klasse zu kämpfen. Außerdem ging die Antifaschistin auf die aktuell aktiven faschistischen Gruppierungen im Rems-Murr-Kreis ein und machte klar: Mit warmen Worten allein lassen sich diese nicht aufhalten! Die ganze Rede findet ihr untenstehend.
Nach der Rede stellte sich der Demozug zum Friedhof auf. In Andacht liefen die Teilnehmer:innen mit roten Nelken, Kerzen und einem Kranz zur Niederlegung an die Friedhofsgedenkstätte. Dort angekommen, sammelten sich alle für eine Gedenkminute. Der Kranz sowie die Kerzen und Nelken wurden gemeinsam an die Gräber abgelegt.
So begingen wir auch heute ungestört unseren Gedenktag am 9. November und werden dies weiterhin tun. Erinnern heißt kämpfen, denn wenn wir die Geschichte nicht vergessen, können wir aus der Vergangenheit lernen und Veränderung im Jetzt beginnen.
Wenn auch Du etwas gegen die stärker werdenden Nazis auf der Straße und den Parlamenten tun möchtest, antifaschistische Gedenkkultur stärken willst, dann komm jetzt am Dienstag 12. November um 19 Uhr zum Offenen Antifa Treffen im Info- und Kulturladen Schlotterbeck (Mayenner Str. 14 in Waiblingen)!
Erinnern heißt kämpfen!
Nie wieder Krieg!
Nie wieder Faschismus!
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