Am Tag der Befreiung vom Faschismus führten wir in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) eine Kundgebung auf dem Alten Postplatz in Waiblingen durch. Diese stand unter dem Motto „Damals wie Heute – Erinnern heißt Kämpfen“. Im Vorfeld der Kundgebung verteilten wir Flugblätter und veröffentlichten eine Wandzeitung, die näher auf die historischen Hintergründe des 8.Mai einging. Zusätzlich erhielten wir Zusendungen von verklebten Wandzeitungen in Waiblingen sowie ein Foto eines am Waiblinger Bahnhof aufgehängten Banners.

An der Kundgebung selbst beteiligten sich, trotz des massiven Regens, etwa 25 AntifaschistInnen, mit einem thematisch passenden Hochtransparent und roten Fahnen. Mit dem Verteilen von roten Nelken und einer Infostellwand, deren Inhalt man nach dem Bericht findet, über das lokale Kriegsende wurden PassantInnen eingebunden und Gespräche mit ihnen geführt. Begleitet von Musikbeiträgen hielten eine Jungsozialistin, die VVN-BdA Rems-Murr, das Offene Antifaschistische Treffen sowie die Antifaschistische Perspektive Ludwigsburg/Rems-Murr jeweils eine Rede, in der mehrheitlich die ungebrochene Notwendigkeit des antifaschistischen Kampfes und der Entfaltung einer kämpferischen antifaschistischen Gedenkkultur unterstrichen wurde, sowie auf die historischen Ereignisse zu Kriegsende wie z.B. die spontane Demonstration hunderter Waiblinger Frauen gegen die Verteidigung der Stadt „bis zum letzten Mann“. Nach gut einer Stunde wurde die Kundgebung beendet.

Der Tag wurde jedoch nicht im Regen beendet, im Anschluss daran fand eine Kulturveranstaltung statt, bei der zu Tee und Essen der Film „Ich war neunzehn“ gezeigt wurde. Auch weiterhin gilt es, die Entwicklung einer würdigen, kämpferischen und antifaschistischen Gedenkkultur, die es schafft, die historischen Ereignisse aufzugreifen, einen angemessenen Ausdruck auf die Straße zu tragen und Bezugspunkt für die aktuelle antifaschistische Arbeit ist, voranzutreiben.

Wenn auch du Interesse an antifaschistischer Gedenkkultur und Aktionen gegen Rechts hast, komm zum Offenen Antifaschistischen Treffen Rems-Murr am 2. Dienstag des Monats um 19 Uhr im IG-Metall-Haus Waiblingen und bring dich ein!

8. Mai damals wie heute – Nazis bekämpfen!


Stellwände 8. Mai

Die letzten Tage des Krieges im Rems-Murr-Kreis

Obwohl mit dem Vorrücken der Roten Armee im Osten, sowie der anschließenden Landung der Alliierten im Westen klar war, dass der Krieg verloren war, wurde von der NSDAP-Führung die Verteidigung des „Heimatbodens“ bis auf den letzten Mann gefordert. Dazu wurden u.a. sogenannte Volkssturmeinheiten aus Kindern und alten Menschen gebildet, die militärisch komplett unausgebildet an die Front geworfen wurden, nur damit die Parteibonzen ein paar Tage länger an der Macht blieben. Dies setzte die faschistische Führung auch mit Ermordung kapitulationswilliger Soldaten bis zum letzten Tage durch, ein prominentes Beispiel für solche Henker ist der spätere baden-württembergische Ministerpräsident Filbinger.

Dennoch bildete sich Widerstand, so auch in verschiedenen Städten des Rems-Murr-Kreises.

Was geschah in Waiblingen?

Einen Monat vor der Kapitulation des Oberkommandos der faschistischen Wehrmacht, am 9. April kam es in Waiblingen zur einer Demonstration von Frauen. Diese demonstrierten zum Teil mit ihren Kindern gegen die geplante Verteidigung der Stadt „bis zum letzten Mann“. Um 14 Uhr kamen die mehreren hundert Frauen vor dem damaligen Rathaus (heute Ratsaal beim Marktplatz).

Die faschistische Führung Waiblingens, bestehend aus dem kommissarischen Bürgermeister, dem NSDAP-Ortsgruppenleiter und dem Polizeihauptmann, versuchten vom Balkon aus die Frauen zur Auflösung der Demonstration zu zwingen. Die versammelten Frauen ließen sich jedoch weder von einem vorgetäuschten Fliegeralarm, noch von in Stellung gebrachten Maschinengewehren einschüchtern. Sie unterbrachen die verlogenen Ansprachen der Faschisten immer wieder mit Gelächter und Zwischenrufen, unter anderem mit „Gebt unsere Stadt frei!“.

Unter dem Eindruck der starken Frauendemonstration war es dann auch am 21. April möglich, Waiblingen Kampflos an die Einheiten der US-Armee zu übergeben. Die den alliierten Truppen entgegenziehenden Parlamentäre waren der katholische Vikar Hans Böhringer und der Kommunist Alfred Rupp.

Zuvor bewegte sich das faschistische Regime auch hier zwischen Auflösungserscheinen und Führergehorsam: Alle Männer zwischen 16 und 60 Jahren wurden für den Volkssturm zwangsrekrutiert, Parteibonzen versuchten ihre Verbrechen durch Aktenvernichtung und Flucht zu verstecken, Gefangene aus den Konzentrationslagern wie Welzheim wurden in Todesmärschen durch Dörfer und Kleinstädte getrieben.

Der Widerstand gegen die faschistische Diktatur lohnte sich: Das Zusammenwirken von Frauendemonstration und Parlamentären verhinderte die Sprengung der Beinsteiner Brücke, sowie auch Kämpfe in Waiblingen selbst und damit die Zerstörung der Stadt an sich.

Was geschah in Backnang?

Im März 1945 war Backnang umzingelt, die US-Amerikanischen Truppen standen vor Crailsheim. Bei Widerstand wäre Backnang von ihnen zerstört worden.

Die Menschen, die sich in den letzten Kriegstagen den Befehlen der NS-Führung widersetzten, hatten verschiedene Gründe dafür. Natürlich waren unter ihnen auch viele Faschisten oder deren Helfer, die den Durchhalteparolen nicht mehr glaubten und schlicht Angst vor den vorrückenden Alliierten hatten. Wie überall wurden zahlreiche Akten geschreddert, die Mitgliedschaft in der NSDAP oder sonstige Mitschuld vertuschen sollte. Die Kreisleitung flüchtete in der Nacht zum 20. April, am Geburtstag Hitlers, und überließ die Stadt sich selbst.

Doch es gab auch aktiven Widerstand. Dieser formierte sich aus Backnanger Volkssturmeinheit, vor allem initiiert durch den Textilunternehmer Richard Coppenrath und Oberschullehrer Karl Bruder, sowie den ehemaligen KPD-Gemeinderäten Eugen Wohlfahrt und Franz Hopfensitz. Diese Gruppe wollte den Plan der Kreisleitung verhindern, Backnang komplett zu evakuieren und beim Einmarsch der Amerikaner durch die Wehrmacht zu beschießen.

Die Stadt wurde maßgeblich durch zwei Widerstandsaktionen gerettet. Zum einen wurde die Sprengung der Eisenbahnbrücke an der Stuttgarter Straße durch die Wehrmacht von Volkssturmmitgliedern verhindert. Auch die Sprengung der Sulzbacher Brücke konnte soweit sabotiert werden, dass diese noch befahrbar blieb. Zum anderen gelang es den Parlamentären Fritz Munz und Hermann Krimmer, den anrückenden US-Amerikanischen Truppen entgegenzugefahren und ihnen Backnang als widerstandsfrei zu melden, sodass diese am 20. April 1945 kampflos einmarschierten. Doch nur Krimmer überlebte, Munz wurde während des Vorhabens von einer deutschen Mine getötet. Die Stadt wurde maßgeblich durch zwei Widerstandsaktionen gerettet. Zum einen wurde die Sprengung der Eisenbahnbrücke an der Stuttgarter Straße durch die Wehrmacht von Volkssturmmitgliedern verhindert. Auch die Sprengung der Sulzbacher Brücke konnte soweit sabotiert werden, dass diese noch befahrbar blieb. Zum anderen gelang es den Parlamentären Fritz Munz und Hermann Krimmer, den anrückenden US-Amerikanischen Truppen entgegenzugefahren und ihnen Backnang als widerstandsfrei zu melden, sodass diese am 20. April 1945 kampflos einmarschierten. Doch nur Krimmer überlebte, Munz wurde während des Vorhabens von einer deutschen Mine getötet.

Und was lernen wir daraus?

Wir beschäftigen uns als AntifaschistInnen nicht aus rein theoretischem Interesse mit dem Kriegsende im Rems-Murr-Kreis bzw. dem Kreis Waiblingen und Backnang, sondern weil wir aus der Beschäftigung mit den antifaschistischen Kämpfen der Vergangenheit Lehren ziehen wollen. An den oben aufgeführten Beispielen hier sind das vor allem zwei:

1. Antifaschismus lohnt sich! Wären die Waiblinger Frauen oder die Backnanger Widerstandsgruppe nicht aktiv geworden, dann wären die beiden Städte mit größter Wahrscheinlichkeit zerstört worden. Dass diese Menschen mit ihrem Widerstand ihr eigenes Leben riskierten, wird den meisten von ihnen klar gewesen sein: Was in den KZs und bei den Todesmärschen vor sich ging, war jedem bewusst. Aber auch an der Front mordeten Faschisten bis zuletzt: Im nahen Steinheim an der Murr wurde ein Wehrmachtssoldat am Abend vor der Kapitulation der deutschen Einheit ermordet, da er sich ergeben und überlaufen wollte. Mit der kampflosen Übergabe Waiblingens und Backnangs wurden damit hunderte von Menschenleben, Zivilisten wie Militärs, gerettet.

2. Antifaschismus ist ein Kampf aller demokratischen Kräfte! Die Zusammensetzung der widerständigen Akteure war sehr unterschiedlich – alleine die Backnanger Widerstandsgruppe hätte mit einem Unternehmer und zwei Kommunisten nicht diverser sein können. Alle sie einte der Wille zur Überwindung des menschenverachtenden, faschistischen Systems für demokratische Rechte, für eine Gesellschaft ohne Vernichtungskrieg und rassistischem Terror.

Was bedeutet das für heute?

Auch wir sollten nicht abwarten, bis sich der Rechtsruck von alleine erledigt, sondern selber aktiv werden. Auch sollten wir erkennen, dass der Kampf gegen rechts ein gesamtgesellschaftlicher ist. Denn die Folgen des Rechtsrucks gehen uns alle an: Ob als Lohnabhängige, Frauen, MigrantInnen, Menschen mit Behinderung oder schlicht all jene, die nicht in das Weltbild der Faschisten passen. Darum ist es wichtig, sich über Weltanschauungsgrenzen hinweg zu organisieren. Oder kurz gesagt:

Für‘s aktiv werden gegen Faschismus gibt es kein zu früh!

Organisiert euch gegen Rassismus und rechte Hetze!

Alle zusammen gegen den Faschismus!