Da im StZ-Artikel
“Plakataktion in Fellbach: Neue Antifa-Gruppe verunsichert
Bürger” mehrere fälschliche Behauptungen aufgestellt werden,
wollen wir durch eine Gegendarstellung für Klarheit sorgen.
Zunächst: Wir werten unsere Kreativaktion als Erfolg, da wir mit
vielen FellbacherInnen das Gespräch suchten, positive Rückmeldungen
bekamen und für Aufklärung sorgen konnten. Unterm Strich bleiben
drei selbstbestimmte Kundgebungen, mehrere hundert verteilte
Flugblätter, erfreuliche Gespräche mit PassantInnen sowie einige
verklebte Wandzeitungen an belebten Fellbacher Orten. Das wir mit
unserer Theateraktion BürgerInnen verunsicherten, kann daher getrost
als falsch bezeichnet werden. Doch das sind nicht die einzigen
Unwahrheiten im Artikel der Stuttgarter Zeitung.
Der Staatsschutz in
Form seines Leiters Bernd Rauner wiederholt gebetsmühlenartig, es
gäbe keine KKK-Strukturen im Rems-Murr-Kreis, der Staat greife
“konsequent” gegen rechte Terrorstrukturen durch und die
Polizei sei kein Handlanger rassistischer Organisationen. In unseren
Augen sind das gewagte Aussagen für die Abteilung Staatsschutz,
welche nach zwei Jahren massiver faschistischer Schmierereien und
Drohungen gegen Andersdenkende an Brücken, Geländern und Mauern
sowie vier Farbanschlägen auf den Journalisten Alfred Denzinger
allem Anschein noch nichts unternommen hat. Die gleiche Abteilung
Staatsschutz scheute weder Kosten noch Aufwand, mit 12 Personen in
Zivil die Kundgebung „Für eine Welt ohne Rassismus: Backnang
besser ohne Nazis!“, welche sich gegen eben jene Schmierereien und
Farbanschläge richtete, zu bespitzeln und einzelne Teilnehmer durch
Kontrollen zu schikanieren. Und es ist mit größter
Wahrscheinlichkeit auch die selbe Abteilung Staatsschutz, die die in
Fellbach verklebten Wandzeitungen der Staatsanwaltschaft vorlegte, um
den abgebildeten Inhalt zu kriminalisieren. Angesichts des
Verfolgungseifers des Staatsschutzes gegen AntifaschistInnen und
seiner Laissez-Faire-Politik gegenüber faschistischen Strukturen ist
es klar, dass die Existenzgrundlage des Staatsschutzes nicht das
Vorgehen gegen faschistische Strukturen ist, sondern die Bekämpfung
und Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstandes dagegen.
Doch damit nicht
genug: Während Bernd Rauner die durch Flyer und Wandzeitungen
vermittelten Inhalte wohl persönlich nimmt, weicht er und die
Stuttgarter Zeitung einer aufgeworfenen Thematik völlig aus. Wie
können sich BürgerInnen, ChristInnen, Muslime und Muslima, Menschen
jüdischen Glaubens, Linke, MigrantInnen und GewerkschafterInnen
gegen faschistische Terrorstrukturen wehren, die von staatlichen
Institutionen mit aufgebaut, finanziert und geschützt werden?
Beispiele dafür gibt es genug:
-
Die massive Aktenvernichtung und
die zahlreichen eingesetzten V-Männer im Umfeld des NSUs
-
Das aufgedeckte Terrornetzwerk
innerhalb der Bundeswehr mit dem Ziel, politische GegnerInnen zu
ermorden
-
Die Gründung des Vereins
“Uniter” innerhalb dieses Bundeswehr-Terrornetzwerk durch
einen damaligen Verfassungsschutzmitarbeiter aus BaWü
-
Die Gruppe hessischer PolizistInnen, die sich als NSU 2.0
bezeichnete und eine NSU-Opferanwältin sowie ihre zweijährige
Tochter mit Mord bedrohten
-
Die zwei Schwäbisch-Haller Polizisten, deren
Mitgliedschaft beim Ku Klux Klan Anfang der 2000er Jahre keine
disziplinarischen Folgen hatte (pikanterweise waren dies die beiden
Ex-Kollegen der vom NSU getöteten Michèle Kiesewetter)
Was kann man gegen
all diese Fälle unternehmen? Neben dem Engagement gegen den
gesellschaftlichen Rechtsruck sowie gegen die Verankerung rechter
Organisationen und deren Inhalten in der Öffentlichkeit, halten wir
(journalistische) Recherche und Information der Bevölkerung durch
AntifaschistInnen für zentral. Denn die aufgezählten Beispiele sind
nicht nur ein Beleg dafür, dass Informationen aus Polizeikreisen
unsachlich und parteiisch sind, insbesondere dann, wenn sie selber
das potentielle Ziel von Ermittlungen sind. Sie unterstreichen die
Wichtigkeit der fast schon vergessenen Lehre aus dem NSU-Komplex:
Wenn man gegen rechte Verstrickungen in staatlichen Behörden wie
Polizei und Geheimdienst vorgehen will, darf man den Bock nicht zum
Gärtner machen und sich dabei auf eben jene Behörden verlassen!
Unsere Arbeit zur Zusammenarbeit von
Teilen staatlicher Institutionen mit dem faschistischen Terrormilieu
hat mit der Aktion in Fellbach begonnen. Wir sehen diese aber als
Teil unserer antifaschistischen Arbeit, denn ein rassistisches und
nationalistisch aufgeladenes Gesellschaftsklima kann nur die Bildung
rechter Terrorzellen begünstigen. Wenn also jedeR im Alltag klare
Kante gegen Rechts zeigt und man gemeinsam einen selbstbestimmten und
wirksamen Kampf gegen rechte Strukturen führt, dann kann in Zukunft
auch rechter Terror verhindert werden. Wohin die Verharmlosung und
das Wegschauen gegenüber Nationalismus, Rassismus und Spaltung
führt, zeigt uns die deutsche Geschichte, aber auch der Blick auf
den von Faschisten verübten Massenmord an Muslimen in Neuseeland.
Wir rufen daher dazu auf, sich nicht von den Aussagen der Polizei
einlullen zu lassen, sondern selbst gegen Verstrickungen der Behörden
mit faschistischen Banden aktiv zu werden!