Offenes antifaschistisches Treffen Rems-Murr

Kategorie: Erinnerungskultur

Erinnern heißt kämpfen – Kundgebung am 9. November in Welzheim

Am 9. November jährt sich die faschistische Reichspogromnacht zum 81. Mal. Damals organisierten die faschistischen Organisationen von NSDAP, SA und SS den Sturm auf zahlreiche Einrichtungen jüdischen Lebens, Synagogen, Gebetshäuser, Geschäfte und Privatwohnungen. Diese Nacht wurde zum Wendepunkt in der Verfolgung Menschen jüdischen Glaubens, die schließlich in der industriellen Massenvernichtung in den Vernichtungslagern wie Auschwitz während des 2. Weltkrieges gipfelte.

Auch im Rems-Murr-Kreis gab es Konzentrationslager, zum Beispiel das Frauenlager in Rudersberg oder das KZ am heutigen Gottlob-Bauknecht-Platz im Herzen Welzheims. In dieses Lager wurden beinahe alle württembergischen Menschen jüdischen Glaubens verschleppt, die während der Reichspogromnacht in die Hände der Faschisten fielen. Von dort aus wurden sie innerhalb weniger Tage in die Vernichtungslager deportiert. Doch mit der Niederlage des Hitlerfaschismus wurde der Antisemitismus längst nicht aus der Welt geschafft: Rechte aller Coleur bekämpfen die Erinnerung an das stattgefundene Verbrechen auf fanatische Weise, während faschistische Terroristen sich für Massaker an Menschen jüdischen Glaubens bewaffnen und wie zuletzt in Halle auch durchführen.

Damit sich solche Pogrome wie am 9. November 1938 nicht mehr wiederholen, ist es notwendig, der stattgefundenen Ereignisse in einem würdigen Rahmen zu gedenken und die Wurzeln ihrer Entstehung klar zu benennen. Bereits im letzten Jahr konnten wir mit einer Kundgebung einen positiven Beitrag für eine antifaschistische Erinnerungskultur leisten, an die wir auch dieses Jahr anknüpfen wollen und alle WelzheimerInnen herzlichst einladen. Neben Redebeiträgen von verschiedenen Organisationen wird es im Anschluss an die Kundgebung die Möglichkeit der Blumenniederlegung an der Friedhofsgedenkstätte geben.

Für eine antifaschistische Gedenkkultur – Erinnern heißt Kämpfen!

Kundgebung zum 8. Mai in Waiblingen

Am Tag der Befreiung vom Faschismus führten wir in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) eine Kundgebung auf dem Alten Postplatz in Waiblingen durch. Diese stand unter dem Motto „Damals wie Heute – Erinnern heißt Kämpfen“. Im Vorfeld der Kundgebung verteilten wir Flugblätter und veröffentlichten eine Wandzeitung, die näher auf die historischen Hintergründe des 8.Mai einging. Zusätzlich erhielten wir Zusendungen von verklebten Wandzeitungen in Waiblingen sowie ein Foto eines am Waiblinger Bahnhof aufgehängten Banners.

An der Kundgebung selbst beteiligten sich, trotz des massiven Regens, etwa 25 AntifaschistInnen, mit einem thematisch passenden Hochtransparent und roten Fahnen. Mit dem Verteilen von roten Nelken und einer Infostellwand, deren Inhalt man nach dem Bericht findet, über das lokale Kriegsende wurden PassantInnen eingebunden und Gespräche mit ihnen geführt. Begleitet von Musikbeiträgen hielten eine Jungsozialistin, die VVN-BdA Rems-Murr, das Offene Antifaschistische Treffen sowie die Antifaschistische Perspektive Ludwigsburg/Rems-Murr jeweils eine Rede, in der mehrheitlich die ungebrochene Notwendigkeit des antifaschistischen Kampfes und der Entfaltung einer kämpferischen antifaschistischen Gedenkkultur unterstrichen wurde, sowie auf die historischen Ereignisse zu Kriegsende wie z.B. die spontane Demonstration hunderter Waiblinger Frauen gegen die Verteidigung der Stadt „bis zum letzten Mann“. Nach gut einer Stunde wurde die Kundgebung beendet.

Der Tag wurde jedoch nicht im Regen beendet, im Anschluss daran fand eine Kulturveranstaltung statt, bei der zu Tee und Essen der Film „Ich war neunzehn“ gezeigt wurde. Auch weiterhin gilt es, die Entwicklung einer würdigen, kämpferischen und antifaschistischen Gedenkkultur, die es schafft, die historischen Ereignisse aufzugreifen, einen angemessenen Ausdruck auf die Straße zu tragen und Bezugspunkt für die aktuelle antifaschistische Arbeit ist, voranzutreiben.

Wenn auch du Interesse an antifaschistischer Gedenkkultur und Aktionen gegen Rechts hast, komm zum Offenen Antifaschistischen Treffen Rems-Murr am 2. Dienstag des Monats um 19 Uhr im IG-Metall-Haus Waiblingen und bring dich ein!

8. Mai damals wie heute – Nazis bekämpfen!


Stellwände 8. Mai

Die letzten Tage des Krieges im Rems-Murr-Kreis

Obwohl mit dem Vorrücken der Roten Armee im Osten, sowie der anschließenden Landung der Alliierten im Westen klar war, dass der Krieg verloren war, wurde von der NSDAP-Führung die Verteidigung des „Heimatbodens“ bis auf den letzten Mann gefordert. Dazu wurden u.a. sogenannte Volkssturmeinheiten aus Kindern und alten Menschen gebildet, die militärisch komplett unausgebildet an die Front geworfen wurden, nur damit die Parteibonzen ein paar Tage länger an der Macht blieben. Dies setzte die faschistische Führung auch mit Ermordung kapitulationswilliger Soldaten bis zum letzten Tage durch, ein prominentes Beispiel für solche Henker ist der spätere baden-württembergische Ministerpräsident Filbinger.

Dennoch bildete sich Widerstand, so auch in verschiedenen Städten des Rems-Murr-Kreises.

Was geschah in Waiblingen?

Einen Monat vor der Kapitulation des Oberkommandos der faschistischen Wehrmacht, am 9. April kam es in Waiblingen zur einer Demonstration von Frauen. Diese demonstrierten zum Teil mit ihren Kindern gegen die geplante Verteidigung der Stadt „bis zum letzten Mann“. Um 14 Uhr kamen die mehreren hundert Frauen vor dem damaligen Rathaus (heute Ratsaal beim Marktplatz).

Die faschistische Führung Waiblingens, bestehend aus dem kommissarischen Bürgermeister, dem NSDAP-Ortsgruppenleiter und dem Polizeihauptmann, versuchten vom Balkon aus die Frauen zur Auflösung der Demonstration zu zwingen. Die versammelten Frauen ließen sich jedoch weder von einem vorgetäuschten Fliegeralarm, noch von in Stellung gebrachten Maschinengewehren einschüchtern. Sie unterbrachen die verlogenen Ansprachen der Faschisten immer wieder mit Gelächter und Zwischenrufen, unter anderem mit „Gebt unsere Stadt frei!“.

Unter dem Eindruck der starken Frauendemonstration war es dann auch am 21. April möglich, Waiblingen Kampflos an die Einheiten der US-Armee zu übergeben. Die den alliierten Truppen entgegenziehenden Parlamentäre waren der katholische Vikar Hans Böhringer und der Kommunist Alfred Rupp.

Zuvor bewegte sich das faschistische Regime auch hier zwischen Auflösungserscheinen und Führergehorsam: Alle Männer zwischen 16 und 60 Jahren wurden für den Volkssturm zwangsrekrutiert, Parteibonzen versuchten ihre Verbrechen durch Aktenvernichtung und Flucht zu verstecken, Gefangene aus den Konzentrationslagern wie Welzheim wurden in Todesmärschen durch Dörfer und Kleinstädte getrieben.

Der Widerstand gegen die faschistische Diktatur lohnte sich: Das Zusammenwirken von Frauendemonstration und Parlamentären verhinderte die Sprengung der Beinsteiner Brücke, sowie auch Kämpfe in Waiblingen selbst und damit die Zerstörung der Stadt an sich.

Was geschah in Backnang?

Im März 1945 war Backnang umzingelt, die US-Amerikanischen Truppen standen vor Crailsheim. Bei Widerstand wäre Backnang von ihnen zerstört worden.

Die Menschen, die sich in den letzten Kriegstagen den Befehlen der NS-Führung widersetzten, hatten verschiedene Gründe dafür. Natürlich waren unter ihnen auch viele Faschisten oder deren Helfer, die den Durchhalteparolen nicht mehr glaubten und schlicht Angst vor den vorrückenden Alliierten hatten. Wie überall wurden zahlreiche Akten geschreddert, die Mitgliedschaft in der NSDAP oder sonstige Mitschuld vertuschen sollte. Die Kreisleitung flüchtete in der Nacht zum 20. April, am Geburtstag Hitlers, und überließ die Stadt sich selbst.

Doch es gab auch aktiven Widerstand. Dieser formierte sich aus Backnanger Volkssturmeinheit, vor allem initiiert durch den Textilunternehmer Richard Coppenrath und Oberschullehrer Karl Bruder, sowie den ehemaligen KPD-Gemeinderäten Eugen Wohlfahrt und Franz Hopfensitz. Diese Gruppe wollte den Plan der Kreisleitung verhindern, Backnang komplett zu evakuieren und beim Einmarsch der Amerikaner durch die Wehrmacht zu beschießen.

Die Stadt wurde maßgeblich durch zwei Widerstandsaktionen gerettet. Zum einen wurde die Sprengung der Eisenbahnbrücke an der Stuttgarter Straße durch die Wehrmacht von Volkssturmmitgliedern verhindert. Auch die Sprengung der Sulzbacher Brücke konnte soweit sabotiert werden, dass diese noch befahrbar blieb. Zum anderen gelang es den Parlamentären Fritz Munz und Hermann Krimmer, den anrückenden US-Amerikanischen Truppen entgegenzugefahren und ihnen Backnang als widerstandsfrei zu melden, sodass diese am 20. April 1945 kampflos einmarschierten. Doch nur Krimmer überlebte, Munz wurde während des Vorhabens von einer deutschen Mine getötet. Die Stadt wurde maßgeblich durch zwei Widerstandsaktionen gerettet. Zum einen wurde die Sprengung der Eisenbahnbrücke an der Stuttgarter Straße durch die Wehrmacht von Volkssturmmitgliedern verhindert. Auch die Sprengung der Sulzbacher Brücke konnte soweit sabotiert werden, dass diese noch befahrbar blieb. Zum anderen gelang es den Parlamentären Fritz Munz und Hermann Krimmer, den anrückenden US-Amerikanischen Truppen entgegenzugefahren und ihnen Backnang als widerstandsfrei zu melden, sodass diese am 20. April 1945 kampflos einmarschierten. Doch nur Krimmer überlebte, Munz wurde während des Vorhabens von einer deutschen Mine getötet.

Und was lernen wir daraus?

Wir beschäftigen uns als AntifaschistInnen nicht aus rein theoretischem Interesse mit dem Kriegsende im Rems-Murr-Kreis bzw. dem Kreis Waiblingen und Backnang, sondern weil wir aus der Beschäftigung mit den antifaschistischen Kämpfen der Vergangenheit Lehren ziehen wollen. An den oben aufgeführten Beispielen hier sind das vor allem zwei:

1. Antifaschismus lohnt sich! Wären die Waiblinger Frauen oder die Backnanger Widerstandsgruppe nicht aktiv geworden, dann wären die beiden Städte mit größter Wahrscheinlichkeit zerstört worden. Dass diese Menschen mit ihrem Widerstand ihr eigenes Leben riskierten, wird den meisten von ihnen klar gewesen sein: Was in den KZs und bei den Todesmärschen vor sich ging, war jedem bewusst. Aber auch an der Front mordeten Faschisten bis zuletzt: Im nahen Steinheim an der Murr wurde ein Wehrmachtssoldat am Abend vor der Kapitulation der deutschen Einheit ermordet, da er sich ergeben und überlaufen wollte. Mit der kampflosen Übergabe Waiblingens und Backnangs wurden damit hunderte von Menschenleben, Zivilisten wie Militärs, gerettet.

2. Antifaschismus ist ein Kampf aller demokratischen Kräfte! Die Zusammensetzung der widerständigen Akteure war sehr unterschiedlich – alleine die Backnanger Widerstandsgruppe hätte mit einem Unternehmer und zwei Kommunisten nicht diverser sein können. Alle sie einte der Wille zur Überwindung des menschenverachtenden, faschistischen Systems für demokratische Rechte, für eine Gesellschaft ohne Vernichtungskrieg und rassistischem Terror.

Was bedeutet das für heute?

Auch wir sollten nicht abwarten, bis sich der Rechtsruck von alleine erledigt, sondern selber aktiv werden. Auch sollten wir erkennen, dass der Kampf gegen rechts ein gesamtgesellschaftlicher ist. Denn die Folgen des Rechtsrucks gehen uns alle an: Ob als Lohnabhängige, Frauen, MigrantInnen, Menschen mit Behinderung oder schlicht all jene, die nicht in das Weltbild der Faschisten passen. Darum ist es wichtig, sich über Weltanschauungsgrenzen hinweg zu organisieren. Oder kurz gesagt:

Für‘s aktiv werden gegen Faschismus gibt es kein zu früh!

Organisiert euch gegen Rassismus und rechte Hetze!

Alle zusammen gegen den Faschismus!

Würdiges Gedenken in Welzheim anlässlich der faschistischen Pogromnacht

Am 09. November fand unsere Gedenkkundgebung anlässlich des 80. Jahrestags der Reichspogromnacht statt, die in Zusammenarbeit mit der VVN-BdA organisiert wurde. Unter dem Motto „Für eine antifaschistische Gedenkkultur – Erinnern heißt kämpfen!“ fanden sich ca. 40 Personen auf dem Welzheimer Gottlob-Bauknecht-Platz ein, um mit Arbeiterliedgut („Wir sind die Moorsoldaten“) und Redebeiträgen ein würdiges Gedenken abzuhalten. Die Rede des OAT handelte vom Antisemitismus der deutschen Faschisten und der ungebrochenen Notwendigkeit antifaschistischen Engagements, während die Rede der VVN neben der lokal gepflegten Erinnerungsarbeit die Verbrechen der Faschisten im Welzheimer KZ thematisierte.

Dank unserer Mobilisierungsarbeit im Netz, in der Lokalpresse und auf der Straße bei Flugblattverteilaktionen beteiligten sich jung und alt, darunter viele WelzheimerInnen, am anschließenden Gang zur Gedenkstätte, der unangemeldet störungsfrei und selbstbestimmt ablaufen konnte. Die koordiniert auftretenden AktivistInnen benannten außerdem die Schillerstraße in „Hermann-Schlotterbeck-Straße“ um, sodass der Straßenname wieder wie früher an den in Welzheim inhaftierten und ermordeten Kommunisten erinnert. In andächtiger Stimmung wurden nach einer Gedenkminute rote Nelken am Mahnmal niedergelegt. Die positiven Rückmeldungen und Danksagungen der Lokalbevölkerung motivieren uns für eine Wiederholung des Gedenkens im nächsten Jahr.

Am Abend besuchte das OAT eine Ausstellung des Historischen Vereins Welzheim im Kulturhaus Schwanen, die die Geschichte des KZs Welzheim ausführlicher rekonstruiert. Bei ergiebigen Gesprächen mit BesucherInnen der Ausstellung konnten weitere Flyer verteilt und Kontakte geknüpft werden.



Rede zum 9. November

Liebe Welzheimerinnen und Welzheimer,
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,                   

Heute gedenken wir den Opfern eines Verbrechens, das sich heute vor genau 80 Jahren ereignet hat. Am 9. November 1938 kam es zur sogenannten “Reichsprogromnacht”, einem Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung mit einem bis dahin ungekannten Ausmaß an Brutalität. Es kam zu massenhaften Übergriffen in vielen Deutschen Städten, unter anderem auch in Stuttgart. Jüdische Geschäfte wurden geplündert und Synagogen angezündet. Ein Beispiel hierfür ist die Synagoge in Bad-Canstatt, die in dieser Nacht zerstört wurde. Allerdings blieb es nicht bei Sachbeschädigungen, sondern es gab auch viele Angriffe auf Menschen, in deren Folge viele jüdische Mitbürger zunächst in sogenannte “Schutzhaft” genommen wurden, unter anderem auch hier in Welzheim, um später in Tötungslager wie beispielsweise Dachau oder Auschwitz deportiert zu werden.

Dieses Pogrom war nicht Ausdruck des “Volkszorns”, wie die Faschisten behaupteten, sondern ein organisiertes, befohlenes und von der SA, der SS und auch der Polizei ausgeführtes Verbrechen, das den Übergang zum offenen Terror gegen die jüdische Bevölkerung darstellte. An die Reichspogromnacht knüpften die Faschisten auch später an, als sie 1942 mit der Wannseekonferenz die industrielle Ermordung der europäischen Juden beschlossen. Durch die Reichspogromnacht war es im zweiten Weltkrieg dann auch einfacher für die führenden Faschisten, Razzien, Vergewaltigungen, Plünderungen und Morde durch Wehrmacht und SS in den von Hitlerdeutschland besetzten Gebieten, insbesondere in der Sowjetunion, durchzuführen und zu legitimieren.

Doch wer profitierte konkret von der Nacht des 9. Novembers? Zunächst einmal waren das beispielsweise Konkurrenten der deportierten Juden, die nun leerstehende Geschäfte übernehmen konnten. Auch Intellektuelle, deren Aufstiegschancen sich durch das Pogrom verbesserten, profitierten. Vor allem aber war es natürlich die NSDAP, die damit endlich eine Chance hatte, dem vielgepredigten Antisemitismus Taten folgen zu lassen.

Und auch heute kommt es leider immer wieder zu antisemitisch motivierten Anschlägen, wie zum Beispiel dem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh vor gut zwei Wochen, bei dem mindestens 11 Menschen getötet wurden. Doch man muss nicht in die USA schauen, um Antisemitismus zu finden. Hier in Deutschland wird Antisemitismus zu Recht tabuisiert und findet daher eher im Verborgenen statt. Allerdings findet man Antisemitismus unter anderem auch auf Schulhöfen, wo “Du Jude” als Beleidigung verwendet wird, oder auch in der Politik, wo Björn Höcke das Holocaust Denkmal in Berlin als ein “Mahnmal der Schande” bezeichnet. Besonders offen gibt es Antisemitismus natürlich auch in Neonazi-Kameradschaften. Dort führt dieser teilweise sogar bis zur Leugnung des Holocaust. Der Antisemitismus der Rechten dient dazu, real existierende soziale Widersprüche zu leugnen und Probleme in der deutschen Gesellschaft einer “jüdischen Weltverschwörung” anzulasten.

Und ja, es gibt soziale Widersprüche. In Deutschland gibt es massive ökonomische Konflikte in der Gesellschaft, die fast immer zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung gelöst werden. Rechte Hetzer geben vor diese Probleme lösen zu wollen, indem sie scheinbar einfache Erklärungen bieten, wie beispielsweise die “jüdische Weltverschwörung” oder die “Islamisierung des Abendlandes”. Leider passiert es immer wieder, dass sich davon Menschen dazu verleiten lassen, auf die Straße zu gehen und Jagd auf Menschen zu machen, wie es zuletzt in Chemnitz der Fall war, wo es ebenfalls einen Anschlag auf ein jüdisches Restaurant gab.

Glücklicherweise gibt es immer mehr Menschen die aufstehen gegen rechte Hetze und sich wehren gegen faschistisches Gedankengut, wie zum Beispiel bei der Kundgebung in Winnenden vor einigen Wochen. Circa 400 Menschen versammelten sich, um gegen einen rassistischen Angriff und gegen den Rechtsruck in Deutschland zu demonstrieren. Diese Art von Engagement ist zwar sehr erfreulich, allerdings muss antifaschistischer Widerstand organisiert und entschlossen sein, um wirklich effektiv zu sein. Der bundesweite Rechtsruck hat eine rechte Bewegung hervorgebracht, die auf den Straßen marschiert und mit der AfD in alle Landesparlamente und den Bundestag eingezogen ist. Die Rechten sind zu allem bereit und stellen die Machtfrage. Wo sich früher distanziert wurde, arbeitet man heute ganz offen mit Nazis zusammen.

Gerade an diesem Tag, 80 Jahre nach dem faschistischen Pogrom, müssen wir uns unserer Verantwortung bewusst werden, diese Entwicklung zu stoppen. Deswegen möchte ich euch einladen, sich uns anzuschließen und sich zu organisieren. Kommt zum Offenen Antifaschistischen Treffen Rems-Murr! Wir treffen uns jeden zweiten Dienstag im Monat im IGM Haus in Waiblingen. Jeder und jede kann seinen Teil dazu beitragen, den Rechten etwas entgegen zu setzten.

Für eine antifaschistische Gedenkkultur!

Erinnern heißt kämpfen!

Nie wieder Faschismus!

 

 

 

Gedenkkundgebung am 09. November in Welzheim

Dieses Jahr jährt sich der 9. November 1938 zum 80. Mal. An diesem Datum kam es im damaligen faschistischen Deutschland zu einem bisher noch nie da gewesenen Pogrom an der jüdischen Bevölkerung. Bewaffnete Banden der NSDAP, SA und SS, ermordeten planmäßig 400 Menschen, zerstörten 1 400 Synagogen, Betstuben und sonstige Räume und brandschatzten tausende Wohnungen und Geschäfte. Über 30 000 Juden wurden in der Folge entführt und in Konzentrationslagern misshandelt, gefoltert und getötet.

Auch im damaligen Württemberg kam es zu Pogromen. Während es im Rems-Murr-Kreis kein organisiertes jüdisches Gemeindeleben gab, brannte im benachbarten Bad Cannstatt die jüdische Synagoge. Der Großteil der 2 000 württembergischen Juden wurde in das Konzentrationslager in Welzheim verschleppt. Für viele war es eine Durchgangsstation, bevor sie in Richtung Buchenwald oder Dachau deportiert wurden. In dem zentral in Welzheim gelegenen KZ wurden nicht nur Juden und Jüdinnen gefangen halten, sondern auch entschiedene Widerstandskämpfer gegen den Hitlerfaschismus wie Hans Gasparitsch, Friedrich und Hermann Schlotterbeck, Gottlob „Fritz“ Wandel oder Willi Bleicher.

Schon kurze Zeit nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus waren viele der damaligen Täter wieder in Amt und Würden. Der Welzheimer KZ Kommandant Karl Buck wurde unmittelbar nach dem Krieg von Frankreich aufgrund seiner Verbrechen unter dem Faschismus zum Tode verurteilt, kam jedoch 1955 frei und wurde seitdem nicht mehr belangt. Er lebte als „unbescholtener Bürger“ bis 1977 in Rudersberg. Eine Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Vergangenheit war lange Zeit gerade von CDU und Freien Wählern im Welzheimer Wald nicht erwünscht. Die nach dem ermordeten Antifaschisten benannte Hermann-Schlotterbeck-Straße in Welzheim wurde keine sechs Monate nach Kriegsende in Schillerstraße umbenannt. Erst vor wenigen Jahren setzte ein Umdenken in den öffentlichen Gremien der Gemeinde Welzheim ein.

Davor wurden AntifaschistInnen, die an die Verbrechen des Hitlerregimes erinnerten, als „Nestbeschmutzer“ beleidigt, kriminalisiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Antifaschistische Gedenkkultur musste schon immer selbst aufgebaut und verteidigt werden.

Deshalb ruft das Offene Antifaschistische Treffen gemeinsam mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen zu einer Gedenkkundgebung auf. Wir wollen den unzähligen Opfern von damals würdig gedenken, indem wir während der Kundgebung einen Kranz niederlegen und in unseren Reden aufzeigen, warum Widerstand gegen Rechts auch heute notwendig ist. Die Kundgebung findet unmittelbar vor der KZ Gedenkstätte in Welzheim statt. Um 16 Uhr werden wir dann am 9. November mit dem antifaschistischen Gedenken beginnen.

Treffpunkt für gemeinsame Anreise: 14.45 Waiblingen Bahnhof

Für eine antifaschistische Gedenkkultur!

Erinnern heißt Kämmpfen!

Antifaschistische Gedenkexkursion in Welzheim und Rudersberg

Gestern waren wir zusammen mit Genossen der VVN-BdA in Welzheim und Rudersberg unterwegs und haben einige Orte besucht, an denen die faschistische Terrorherrschaft bis 1945 besonders brutal wütete. Wir bedanken uns hier noch einmal bei den FreundInnen der VVN, für ihre kontinuierliches Engagement und die Möglichkeit, an ihrem Wissen und ihren Erfahrungen teil zu haben. Auch in Zukunft freuen wir uns auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit!

Begonnen hat unsere Exkursion vor dem ehemaligen KZ, mitten im Welzheimer Ortskern. Von den deutschen Faschisten verharmlosend „Polizeigefängnis“ genannt, wurden hier unzählige Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter sowie „Asoziale“ und osteuropäische Zwangsarbeiter eingepfercht und gefoltert. Jeden Tag rückten viele von ihnen aus dem KZ aus, um auf umliegenden Höfen und Handwerksbetrieben Sklavenarbeit zu verrichten. Ehemalige Häftlinge des KZ bezeichneten dieses als „einzige Folterkammer“. Der Leiter des Welzheimer KZ, Karl Buck, wurde in Frankreich zu Recht zum Tode verurteilt, wurde aber im Zuge der deutsch-französischen Aussöhnung allerdings wieder nach Deutschland gebracht. Hier lebte er bis zu seinem Tod als „angesehener Bürger“ in Rudersberg.

Die zweite Station des Tages war die Gedenkstätte für die im Welzheimer KZ ermordeten Häftlinge auf dem Friedhof. Beurkundet sind 63 Tote, von denen 43 auf dem Welzheimer Friedhof beigesetzt wurden. Die Dunkelziffer, gerade der durch zu hohe Arbeitsbelastung oder Krankheit Umgekommenen, dürfte noch deutlich höher liegen. An den Namen, die sich an der Gedenkstätte finden, lässt sich erkennen, dass der deutsche Faschismus nicht für das jüdische Volk, sondern auch für die Völker Osteuropas nichts als Terror und Vernichtung kannte.

Danach fuhren wir zum sogenannten „Henker-Steinbruch“. Hier, im Welzheimer Wald, fanden die Hinrichtungen der KZ-Häftlinge statt. Einige wurden erschossen, andere an Galgen erhängt, die von Mithäftlingen angefertigt werden mussten. Lange war der ehemalige Hinrichtungsort völlig zugewuchert und nicht zugänglich. Auf Intervention der VVN-BdA wurden eine Gedenktafel und ein Pfad, der an das Schicksal der Ermordeten erinnern, eingerichtet. Den Hinrichtungsort vieler Häftlinge zu sehen, ging allen sehr nahe. Im Gedenken an diese Greueltaten wurde uns nochmal deutlich, warum wir unseren antifaschistischen Kampf führen und warum die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln immer noch unsere Losung ist.

Den Abschluss des Tages bildetete der Besuch des Rudersbergers Friedhofs. Hier befindet sich eine Gedenktafel, die an die ermordeten Frauen des Frauenlagers Rudersberg erinnert. Die meisten der inhaftierten Frauen wurden in der Munitionskistenproduktion eingesetzt und waren täglicher Folter ausgesetzt. Besonders erschreckend ist, neben den Verbrechen des Faschismus selbst, der Umgang der bürgerlichen „Demokraten“ damit. In Rudersberg verhinderten lange Zeit Politiker der CDU und der Freien Wähler jegliches Gedenken an die Opfer des Frauenlagers. Die Inhaftierten wurden als Verbrecherinnen verunglimpft und antifaschistische AktivistInnen, die dem widersprachen, als „Nestbeschmutzer“ beleidigt und kriminalisiert. Selbst die Gedenktafel auf dem Rudersberger Friedhof konnte nur durch private Spenden errichtet werden. Die Genossen der VVN-BdA, die zum Teil selbst in diese Kämpfe involviert waren, erinnerten uns deutlich daran, dass antifaschistisches Gedenken immer verteidigt werden musste und sicherlich nicht den staatlichen Institutionen überlassen werden darf.

In tiefer Trauer um die Ermordeten, aber auch im Bewusstsein, dass unser Kampf ein gerechter Kampf ist, beendeten wir den Tag. Unser nächster Termin als Offenes Antifaschistisches Treffen ist der 9. November. Wir veranstalten gemeinsam mit der VVN-BdA eine Gedenkkundgebung in Welzheim auf dem Gottlob-Bauknecht-Platz, um an den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht zu erinnern und zu mahnen. Die Kundgebung findet von 16 bis 17 Uhr statt. Zur gemeinsamen Anreise treffen wir uns um 14:45 am Waiblinger Bahnhof bei den Taxis.

Wenn du auch Ideen für antifaschistische Gedenk- und Bildungsarbeit hast oder gegen die rechten Hetzer von heute etwas tun willst, dann komm zu unserem nächsten offenen Treffen am 13. November um 19 Uhr in der Fronackerstraße 60 in Waiblingen. Wir freuen uns auf dich!

Für eine antifaschistische Gedenkkultur!
Erinnern heißt kämpfen!

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